Beflügelt von Marlene Pfau | Fotografin | Gewinnerin des Kunstpreises Fotografie 2020

Beflügelt von Marlene Pfau | Fotografin | Gewinnerin des Kunstpreises Fotografie 2020

Tolle Leute |

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Mit ihrem Wohnsitz in Berlin ist die sympathische Marlene Pfau zwar keine Brandenburgerin, aber eine Berlinerin, um die man in Brandenburg nicht umhinkommen sollte. Denn mit ihrer Fotografie mischt sie derzeit auch in der hiesigen Kunstszene ordentlich mit und gewann mit ihrer Fotoserie „Sorgearbeit“ gerade den Lotto Brandenburg Kunstpreis Fotografie. Die preisgekrönte Arbeit kann ab der Preisverleihung und Vernissage am 12. August 2020, um 18:30 Uhr, bis zum 23. August 2020 im Kunstraum Potsdam besichtigt werden. Wir haben mit Marlene Pfau über den Preis und die Fotografie gesprochen.

© Marlene Pfau

Herzlich willkommen Marlene! Ich falle direkt mit der Tür ins Haus: Wie fühlt man sich als die diesjährige Gewinnerin des Wettbewerbs „Kunstpreis Fotografie“?

Großartig! Ich habe mich wirklich sehr über diese Anerkennung meiner Arbeit gefreut. Von dem Jury-Entscheid habe ich während des Lockdowns erfahren, das war ein Segen. Durch die Corona-Pandemie ist dieses Jahr zu einem sehr speziellen geworden, auch nicht immer ganz leicht. Es ist vieles weggefallen, privat und beruflich und so kam diese positive Nachricht für mich zur richtigen Zeit.

Könntest Du die Geschichte zur Fotoserie „Sorgearbeit“ erzählen, mit der Du die Jury überzeugt hast?

Die Serie „Sorgearbeit“ dreht sich um die aus Polen stammende Pflegekraft Danuta Banasiak, die ich über einen längeren Zeitraum bei ihrer Arbeit in Deutschland dokumentarisch begleitet habe. Sie ist eine sogenannte live-in-Pflegekraft, die zusammen mit der demenzkranken Frau Fischer in einem Haushalt lebt. Neben der Pflege kümmert sich Danuta um alle Aufgaben im gemeinsamen Haushalt. Die Beziehung der beiden Frauen ist von einer großen Zuneigung geprägt. Gleichzeitig verlangt die pflegerische Arbeit von Danuta eine ständige Einsatzbereitschaft und bringt sie neben fröhlichen Momenten mitunter auch an den Rand der Belastbarkeit.

Mich interessierte die Frage, wie diese Art von Arbeit, die rund um die Uhr stattfindet, funktioniert. Die Ausübung des Pflegeberufs ist geprägt von vielen intimen Momenten, körperlich und emotional. Viele live-in-Pflegekräfte haben zudem eine innereuropäische Migrationsgeschichte. Sie verlassen das eigene soziale Umfeld, ihre Familien, Kinder und Freunde, um in einem fremden Land zu arbeiten und leben hier aufgrund dieser sehr zeitintensiven Arbeit oft sehr isoliert.

© Marlene Pfau
© Marlene Pfau

Was hat Dich zu diesem Projekt inspiriert?

Ich fing an mich mit dem Thema zu beschäftigen und merkte, dass diese Form der Betreuung weit verbreitet ist, man jedoch wenig darüber hört und weiß. Ich finde die gesellschaftliche Verschiebung interessant, die sich dort abzeichnet. Die Großfamilie wie es sie früher gab, existiert nicht mehr, häusliche Sorgearbeit ist nicht mehr selbstverständlich das Aufgabengebiet von Frauen innerhalb einer Familie. Pflege muss also neu organisiert werden. Dabei war mir die Perspektive der Pflegekraft wichtig, die durch ihre Arbeit diese entstandene Lücke ausfüllt. Aus diesem Interesse heraus habe ich das Projekt begonnen.

Wie kamst Du zur Fotografie, und was bedeutet Fotografie für Dich?

Ich habe schon früh begonnen künstlerisch zu arbeiten und dabei verschiedene Medien ausprobiert. Und bei der Fotografie bin ich geblieben. Vor dem Studium der Fotografie habe ich Gender Studies studiert und während dieser Zeit auch nochmal verstärkt gemerkt, dass ich einen Beruf brauche, in dem ich mich mit Themen nicht nur anhand von Text, sondern auch kreativ auseinandersetzen kann und die Fotografie bietet da viele Möglichkeiten. Über das Medium kann man sehr subjektiv Geschichten erzählen, ohne dass alles ausformuliert werden muss. Durch Farben, Kompositionen und die Abfolge von Bildern in Serien hat man die Möglichkeit spezifische Stimmungen zu transportieren, das finde ich total spannend.

Zum Abschluss: Hast Du ein Lieblingszitat?

Es gibt ein Zitat von der Lyrikerin Hilde Domin, dass bei mir ein sehr spezielles Gefühl erzeugt. Es heißt: „Ich setzte meinen Fuß in die Luft und sie trug.“. Ich habe keine weiteren Texte von ihr gelesen, aber als ich dieses Zitat zum ersten Mal hörte, löste es sofort etwas in mir aus.

Vielen Dank für das interessante Interview!

[Der Beitrag wurde erstellt mit Unterstützung der LAND BRANDENBURG LOTTO GmbH.]